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Iliosakralgelenk (ISG)-Syndrom

Das Iliosakralgelenk-Syndrom (ISG-Syndrom) beschreibt Schmerzen, die vom Kreuz-Darmbein-Gelenk ausgehen – der Verbindung zwischen dem Kreuzbein (Sakrum) und den beiden Darmbeinen (Ilium). Das ISG überträgt alle Kräfte zwischen Oberkörper und Beinen, wirkt wie ein Stossdämpfer und spielt bei fast jeder Bewegung eine zentrale Rolle. Treten in diesem Gelenk Entzündungen, Überlastungen oder Verschleißerscheinungen auf, kann es zu teils starken, tiefsitzenden Rückenschmerzen kommen, die häufig mit einem Bandscheibenvorfall verwechselt werden.

Aufbau und Funktion des Iliosakralgelenks

Das Becken bildet einen stabilen Ring, der aus mehreren Knochen besteht und durch kräftige Bänder zusammengehalten wird. Zwischen Kreuzbein und Darmbein befindet sich beidseits ein L-förmiges Gelenk mit knorpelüberzogenen Gelenkflächen – das Iliosakralgelenk (ISG).

Durch das feste Band-System ist seine Beweglichkeit auf wenige Millimeter und Grad beschränkt. Trotz dieser geringen Bewegung spielt das ISG eine wichtige Rolle bei der Kraftübertragung und Dämpfung zwischen Rumpf und Beinen. Im Laufe des Lebens verändern sich die Gelenkflächen durch Belastung und Anpassung – sie werden unregelmässiger und individueller strukturiert.

Schmerzen im ISG können entstehen durch:

  • Verschleiss und Arthrose
  • Überlastungen (z. B. falsche Bewegungen, Sport, Fehlhaltungen)
  • Unfälle oder Stürze
  • Gelockerte Bänder, z. B. nach Schwangerschaft und Geburt
  • Entzündliche Prozesse (z. B. bei rheumatischen Erkrankungen)

Symptome

ISG-Schmerzen können akut oder chronisch auftreten und werden oft fälschlich als unspezifische Rückenschmerzen bezeichnet. Typisch sind:

  • Tief sitzende Schmerzen im unteren Rücken, Becken oder in der Leiste
  • Einseitige Sitzbeschwerden mit Schonhaltung
  • Ausstrahlung in das Bein, gelegentlich ähnlich wie bei einem Bandscheibenvorfall
  • Verspannungen und Bewegungseinschränkungen

Laut Studien ist das ISG bei über 20 % der chronischen lumbalen Rückenschmerzen die eigentliche Ursache.

Die Diagnose stützt sich auf:

  • Anamnese (Beschwerdeverlauf, Belastungsmuster, Auslöser)
  • Klinische Untersuchung mit Provokationstests, bei denen gezielter Druck oder Bewegung den Schmerz auslöst
  • Bildgebung wie Röntgen, CT oder MRI, um andere Ursachen (z. B. Bandscheibenvorfall) auszuschliessen
  • Gezielte Infiltration mit Lokalanästhetikum unter Röntgen- oder CT-Kontrolle – bessern sich die Schmerzen danach, gilt das ISG als Schmerzquelle.

Therapie

Zunächst steht immer die konservative Behandlung im Vordergrund:

  • Schmerzmedikation (z. B. NSAR)
  • Physiotherapie und manuelle Mobilisation
  • Entlastung und ggf. Korsettbehandlung
  • Anpassung der Belastung und Haltungsschulung

Bleibt die Besserung aus, können Infiltrationen oder eine Radiofrequenztherapie zur Schmerzlinderung eingesetzt werden. Bei anhaltenden oder instabilen Beschwerden besteht die Möglichkeit einer operativen Versteifung (Arthrodese) des betroffenen ISG. Dafür stehen heute minimalinvasive Operationsverfahren zur Verfügung, die gezielt nur die schmerzhafte Seite stabilisieren.

Nachbehandlung

Nach einer ISG-Arthrodese soll die betroffene Seite für etwa 6 Wochen nur teilbelastet werden; dazu werden Unterarmgehstützen empfohlen. Danach sind in der Regel keine grösseren Einschränkungen mehr erforderlich. Auf starke Drehbewegungen, schweres Heben oder Sport mit abrupten Belastungen sollte jedoch für weitere 6 – 12 Wochen verzichtet werden.